Was ist eine Hausbesetzung?
Eine Hausbesetzung ist die widerrechtliche Inbesitznahme eines fremden, leerstehenden Gebäudes und seine Verwendung als Wohnraum oder Veranstaltungsraum. Quelle: www.wikipedia.org
Wie ist es zur Hausbesetzung gekommen?
Am Donnerstagmittag ist eine Gruppe von Personen, nachfolgend Kollektiv genannt, in das Gebäude an der Wahlackerstrasse 5 eingedrungen. Die Inbesitznahme des Hauses ist gegen den Willen der Eigentümerin und ohne vorgängige Information erfolgt.
Wie viele Personen befinden sich im Haus?
Es wird davon ausgegangen, dass sich mehrere Duzend Personen im Gebäude aufhalten. Genaue Angaben darüber können aber nicht gemacht werden. Das Kollektiv gibt an, dass sich mittlerweile 150 Personen im Gebäude aufhalten (Stand: MZ-Redaktionsschluss vom 8. Oktober 2019, 10.00 Uhr).
Wer ist Hauseigentümerin?
Die Einwohnergemeinde Zollikofen. Am 11. Januar 2016 hat der Grosse Gemeinderat beschlossen, die Liegenschaft an die Gebäudeversicherung des Kantons Bern (GVB) zu verkaufen. Der Kaufvertrag zwischen der Gemeinde und der GVB wurde im Sommer 2016 abgeschlossen. Die Eigentumsübertragung erfolgt allerdings erst, wenn die planungsrechtlichen Grundlagen rechtskräftig sind. Dies ist mit der kantonalen Genehmigung der Fall, welche gegen Ende 2019 erwartet wird.
Warum wird das Gebäude verkauft?
Die Führung eines Betagtenheims ist eine freiwillige, selbstgewählte Aufgabe. Am 13. Juni 2010 haben die Stimmberechtigten der Gemeinde Zollikofen beschlossen, dass sich die Gemeinde dieser Aufgabe entledigt und das Gebäude an der Wahlackerstrasse 5 verkauft. Der Grosse Gemeinderat wurde ermächtigt, den Verkauf zu marktüblichen Konditionen abzuschliessen.
Wie wird das Gebäude zukünftig genutzt?
Das Angebot der GVB sieht vor, das bestehende Gebäude in ein Mehrgenerationenhaus mit etwa 72 Wohneinheiten zu transformieren. Mit Rückbauten, einer Aufstockung auf dem Nordflügel und weiteren baulichen Erweiterungen wird die Fassade begradigt. Dadurch wirkt sie ruhiger und kann energetisch besser saniert werden. Nebst einer hohen Anzahl von Kleinwohnungen (Studio, 2 ½ und 3 ½ Zimmer) sind auch grössere Wohnungen (4 ½ und 5 ½ Zimmer) vorgesehen. Einzelne grosse Wohnungen lassen sich auch als Wohngemeinschaft nutzen. Das Erdgeschoss wird durch teilweise öffentliche Nutzungen (Dienstleistungen, Praxen) belebt. Im Erweiterungsbau (Neubau), welcher als Bindeglied zwischen der Überbauung "Lüftere" und dem heutigen Betagtenheim auftritt, sollen 14 Stockwerkeigentumswohnungen realisiert werden. Die Erschliessung erfolgt über die bestehenden Zu- und Wegfahrten am Lüfternweg.
Seit wann steht das Gebäude leer?
Das Gebäude steht seit dem Umzug der Bewohnerinnen und Bewohner ins neue Alterszentrum "Bernerrose" und nach den internen Räumungsarbeiten im Sommer 2018 leer.
Ist eine Übergangsnutzung nicht möglich?
Nein. Die Gründe, wonach das Gebäude keiner Zwischen- resp. Übergangsnutzung zugeführt wird, sind im Bereich der fehlenden Gebäudesicherheit und wohnhygienischen Voraussetzungen in Bezug auf Wohnen und Aufenthalt sowie den damit zusammenhängenden Haftungsfragen der Gemeinde Zollikofen als Werkeigentümerin begründet. Zudem wurden die vertraglichen Bestimmungen zwischen Verkäufer- und Käuferschaft so festgelegt, dass das Gebäude nach dem Auszug der Bewohnerinnen und Bewohner des vormaligen Betagtenheims zwischenzeitlich nicht für andere Zwecke genutzt wird. Die demokratisch legitimierten Behörden haben damals unter diesen Voraussetzungen dem Verkauf zugestimmt. Der Gemeinderat hält in Absprache mit der GVB an diesen Beschlüssen und vertraglichen Abmachungen fest.
Wann wird umgebaut?
Die Umnutzung und der Umbau des ehemaligen Betagtenheims bedingen die Genehmigung einer neuen Überbauungsordnung (UeO) und das Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung. Die UeO wurde gemeindeintern beschlossen und ist beim Kanton zur Genehmigung eingereicht. Es wird damit gerechnet, dass die Überbauungsordnung auf Ende 2019 in Kraft tritt. Anschliessend erfolgt das Baubewilligungsverfahren, welches durch die neue Eigentümerschaft eingeleitet werden muss. Durch den zeitlichen Verzug bei der Ortsplanungsrevision von rund einem Jahr kommt es folglich auch zu einem Verzug bei den weiteren Planungsschritten.
Die Gemeinde setzt alles daran, dass jene Arbeiten, welche im ausschliesslichen Zuständigkeitsbereich der Gemeinde sind, zügig bearbeitet und die nötigen Behördenbeschlüsse raschmöglichst erwirkt werden. Die abschliessende Plangenehmigung fällt jedoch in den Kompetenzbereich des Kantons (Amt für Gemeinden und Raumordnung), welche ausserhalb des Einflussbereichs der Grundeigentümerin oder der Gemeinde liegt. Die Gemeinde Zollikofen hat jedes Interesse, dass die Umsetzung des Vorhabens möglichst bald erfolgen kann.
Sind Strom, Wasser und Gas abgestellt?
Ja. Die Versorgungsleitungen und die Beheizung wurden fachmännisch abgestellt. Das Kollektiv hat inzwischen selber eine Stromeinspeisung installiert.
Steht die Gemeinde mit dem Kollektiv in Kontakt?
Ja. Es haben verschiedene Kontakte zwischen der Gemeinde und den Hausbesetzern stattgefunden. Anlässlich eines am Montag durchgeführten Gesprächs konnten die Hausbesetzer ihre Anliegen der gemeinderätlichen Delegation darlegen und bekräftigen.
Wie ist die Haltung des Gemeinderats zur Hausbesetzung?
Auf die gestellte Forderung nach einer Übergangsnutzung kann aus den oben erwähnten Gründen nicht eingegangen werden. Der Gemeinderat toleriert das Vorgehen der Besetzergruppe nicht und verlangt die Räumung. Er gewährt der Besetzergruppe eine Nachfrist bis am Dienstagmittag zum freiwilligen Verlassen der Gemeindeliegenschaft. Bei unbenütztem Ablauf wird die polizeiliche Räumung in die Wege geleitet (Stand: MZ-Redaktionsschluss vom 8. Oktober 2019, 10.00 Uhr).
Wie gut kennt die Polizei das Gebäude?
In den vergangenen Monaten haben Sondereinheiten der Polizei im leerstehenden Gebäude verschiedene Übungen durchgeführt. Die Räumlichkeiten sind der Polizei somit gut bekannt.
Warum sind die Besetzer vermummt?
Die Vermummung dient in erster Linie dazu, nicht erkannt zu werden und anonym zu bleiben. Aus der Vermummung kann somit nicht eine Gewaltbereitschaft oder Radikalisierung der Personen abgeleitet werden.
Zollikofen, 8. Oktober 2019, 10.00 Uhr